Berufsunfähigkeit trotz Fortsetzung der Berufstätigkeit

Jan 13, 2020 | Versicherungsrecht

Berufsunfähigkeit i. S. der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (aus psychischen Gründen) kann auch bestehen, wenn der Versicherte seinen Beruf tatsächlich noch ausübt, dabei aber Raubbau an seiner Gesundheit treibt, erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Urteil vom 27.4.2018 (AZ: 20 U 75/17).

Im konkreten Fall handelte sich um eine Geschäftsführerin einer Unternehmensgruppe mehrerer Gesellschaften mit insgesamt über 500 Mitarbeitern in Deutschland und Polen, die in Insolvenz geraten war, mit sehr langer täglicher Arbeitszeit, auch an den Wochenenden.

Die Geschäftsführerin hatte Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung wegen einer Depressionserkrankung beantragt, zeitgleich aber ihre anspruchsvolle berufliche Tätigkeit weiter ausgeübt.

Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat – für das Gericht überzeugend – ausgeführt, dass aufgrund der Schwere dieser Erkrankung die Fähigkeiten der Klägerin derart massiv eingeschränkt waren, dass ihr überhaupt keine differenzierte Tätigkeit mit unternehmerischem Anspruch möglich war oder wenn, dann jedenfalls nur unter Raubbau an ihrer Gesundheit.

In den Versicherungsbedingungen wird jedoch nicht verlangt, dass der (bzw. die) Berufsunfähige seinen Beruf tatsächlich nicht mehr ausübt, sondern nur, dass die festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen seiner Tätigkeit vernünftigerweise und im Rahmen des Zumutbaren nicht mehr gestatten, erklärte das OLG.

Dass Gericht war sich sicher, dass die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit einen derartigen Raubbau an der Gesundheit der Klägerin bedeutete und dass sie wegen gravierender beruflicher Beeinträchtigungen vernünftigerweise ihre berufliche Tätigkeit hätte einstellen müssen.

Der Sachverständige hat dazu für das Gericht überzeugend ausgeführt, dass eine erkrankte Person ihren Arbeitsalltag nach außen hin durchaus noch eine Zeit lang „durchhalten“ kann, ohne dass das Umfeld eine spürbare Beeinträchtigung wahrnimmt. Er hat sodann aber bekräftigt, dass ein solches „Durchhalten“ nach außen einen Raubbau an der Gesundheit der Klägerin darstellte, möge es auch für deren berufliches Umfeld so ausgesehen haben, als könne sie ihrer Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen.

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