Kündigungen der privaten Krankenversicherung befassen immer wieder die Gerichte, wobei insbesondere drei Fallkonstellationen Gegenstand der Verfahren sind.
- Die erste Konstellation umfasst die Fälle, in denen der Versicherungsnehmer nach Wechsel seines Versicherers feststellt, dass dieser Wechsel für ihn mit nicht unerheblichen Nachteilen verbunden ist. Es stellt sich dann die Frage, ob der alte Versicherer unter rechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet sein könnte, den Versicherungsnehmer zu alten Konditionen weiterzuversichern oder ob der Versicherungsvermittler – oder im Falle eines Versicherungsvertreters ggf. auch der neue Versicherer – zumindest auf Schadenersatz haftet.
- Die zweite Fallkonstellation befasst sich mit den Fällen, in denen der Altversicherer die Kündigung zurückweist, weil ihm der erforderliche Nachversicherungsnachweis nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt wurde.
- Die dritte Fallkonstellation war Gegenstand einer jüngeren Entscheidung des OLG Frankfurt vom 25.03.2015 (Az. 7 U 264/11) und betrifft die Frage, wann ein Versicherer den Krankenversicherungsvertrag selbst kündigen darf. Zwar regelt § 206 Abs. 1 S. 1 VVG ausdrücklich, dass die Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, die die Versicherungspflicht erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen ist. Der BGH hat diese gesetzliche Regelung aber dahingehend einschränkend ausgelegt, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund durch den Versicherer möglich bleibt, sofern der wichtige Grund nicht in der Nichtzahlung der Beiträge begründet ist. Diese Einschränkung folgt daraus, dass das Gesetz für den Verzug mit der Beitragszahlung eigene Rechtsfolgen vorschreibt. Gegenstand der bisherigen Entscheidungen waren z.B. tätliche Angriffe des Versicherungsnehmers auf Mitarbeiter des Versicherers und insbesondere Betrug zu Lasten des Versicherers, wenn Leistungen durch Fälschung von Belegen oder Vorspiegelung falscher Tatsachen bezogen wurden, also der allgemein bekannte Versicherungsbetrug.
Der letztgenannte Vorwurf war auch Gegenstand des Verfahrens vor dem OLG Frankfurt. Versicherungsnehmerin war die Klägerin, wobei über den Vertrag auch der volljährige Sohn der Klägerin mitversichert war. Sowohl Klägerin als auch der Sohn stehen unter Betreuung und bezogen dauerhaft Medikamente wegen chronischer Erkrankungen. Die Klägerin hat bei dem beklagten Versicherer Rezepte eingereicht, auf denen mit Tipp-Ex die verschriebenen Mengen übermalt und durch eine größere Menge ersetzt wurden. Es war streitig, ob die Klägerin die Manipulationen vorgenommen hat. Nachdem die Beklagte den Krankenversicherungsvertrag fristlos gekündigt hat, erhob die Klägerin Klage und verfolgte die Feststellung, dass die Kündigung unwirksam war. Die Klage wurde auch in der zweiten Instanz abgewiesen.
Das Urteil überrascht nicht, wenn man berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowohl der vollendete als auch der versuchte Betrug durch Einreichung verfälschter Rezepte den Krankenversicherer zur fristlosen Kündigung berechtigt.
Interessant sind die Urteilsgründe jedoch insoweit, als dass die Klägerin sich gegen die Kündigung mit der Begründung gewandt hat, dass die Kündigung deshalb unwirksam sei, weil damit auch der Vertrag bzgl. ihres Sohnes ende. Dieser war jedoch an der Einreichung der Rezepte nicht beteiligt. Das OLG hat hierzu ausgeführt, dass die Einbeziehung des unbeteiligten Sohnes in den Versicherungsvertrag der Kündigung nicht entgegen stehe und dass der Vertrag auch bezüglich des Sohnes mit der Kündigung endet.
Allerdings soll der Mitversicherte analog § 206 Abs. 3 VVG einen Fortsetzungsanspruch gegenüber dem Versicherer haben, wenn das Verhalten des Mitversicherten keinen Anlass zur Kündigung gegeben hat (So im Leitsatz 2, VersR 2016, 317 f.)
In der Praxis steht aber zu erwarten, dass viele Versicherer in Zukunft die Weiterversicherung der Mitversicherten verweigern werden. Mitversicherte des Vertrags sind nämlich in vielen Fällen die noch minderjährigen Kinder der Versicherungsnehmer. Der Senat hat in seiner Urteilsbegründung aber gerade ausgeführt, dass dem Versicherer die Fortführung des Vertrags mit den Mitversicherten „jedenfalls dann zuzumuten ist, wenn er mit dem bisherigen Versicherungsnehmer nicht deshalb weiterhin in geschäftlicher Beziehung bleiben muss, weil es sich z.B. um den gesetzlichen Vertreter des Versicherten handelt“.
Ob aber diese Tatsache wirklich die Weiterversicherung unzumutbar macht, ist zumindest fraglich.