Die Frage der „medizinischen Notwendigkeit“ führt immer wieder zum Streit zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherungsgesellschaft, denn die „medizinische Notwendigkeit“ ist Voraussetzung dafür, dass Versicherungsschutz gewährt wird.
Grundsätzlich ist dabei folgendes zu beachten:
Die Versicherung schuldet dem Patienten aus dem Krankenversicherungsvertrag die Erstattung der Kosten für die medizinisch notwendige Heilbehandlung. (§ 1 Abs. 2 S. 1 MB/KK 76 sowie § 178 b Abs. 1 VVG)
Medizinisch notwendig ist nach dem BGH „eine Behandlungsmethode, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Zeit der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen“. Diese Aussage macht den Leser noch nicht viel schlauer – allerdings ist damit klargestellt, dass es bei der Beurteilung nur auf medizinische Gesichtspunkte ankommt und nicht etwa auf kostentechnische Aspekte. Ausdrücklich ist der Versicherte nicht auf die kostengünstigste Behandlung beschränkt. (BGH Az: IV ZR 278/01)
Eine Ablehnung der Erstattung mit der Begründung, die Behandlung sei nicht medizinisch notwendig ist also nur dann möglich, wenn sich die Versicherung mit den medizinischen Aspekten der Behandlung auseinandergesetzt hat. Diese Bewertung kann nur von einem Arzt bzw. einem medizinischen Sachverständigen vorgenommen werden. Im Prinzip stellt die ablehnende Haltung der Versicherung die Einschätzung des behandelnden Arztes in Frage. Dies bedarf näherer Begründung. Denn eine Nichterstattung kann eben nur dann vertragsgemäß sein, wenn
a. eine Übermaßbehandlung durchgeführt wurde (also über das notwendige hinaus) oder
b. keine Krankheit vorgelegen hat oder
c. die Behandlung nach objektiven Maßstäben gar nicht zum Behandlungserfolg führen konnte.
Oftmals erfolgt eine Ablehnung der Erstattung durch den Versicherer, bevor nähere Informationen von der Versicherung eingeholt worden sind. Dies sollte hellhörig machen!
Viele Versicherungsnehmer halten die ablehnende Entscheidung deshalb für richtig, weil in den Leistungsabrechnungen oder Schreiben der Krankenversicherer gibt nur eine Kurzbegründung unter Verweis auf vermeintlich entgegenstehende gesetzliche Regelungen gibt. Solche Formulierungen erwecken den Anschein, dass es einen abschließenden Leistungskatalog gäbe. Dort sollen angeblich die betreffenden Behandlungsmaßnahmen nicht aufgeführt sein, so dass die Erstattungsverweigerung rechtens sei und man nichts dagegen unternehmen könne. Tatsächlich existiert ein solcher Katalog aber nicht.
Ob eine bestimmte Beratung, Behandlung oder ein Medikament medizinisch notwendig und erstattungsfähig sind, kommt rechtlich immer auf den konkreten Behandlungsfall an.
Das Krankheitsbild der Patienten sowie die Anwendungs- und Wirkungsweise der Therapiemaßnahmen haben Auswirkungen auf die im konkreten Fall vorzunehmende Bewertung der Leistungen.
Auch wenn sich die private Krankenversicherung auf einen sogenannten „Beratungsarzt“ oder einen Gutachter beruft, bedeutet dies nicht das Ende der Rechtsschutzmöglichkeiten. Im Widerspruchsprozedere wird spätestens im Gerichtsverfahren regelmäßig ein anderer Sachverständiger beauftragt, der die Rechnung bzw. die Leistung prüft. Dessen Votum fällt nach unserer Erfahrung oftmals anders aus, als die Gutachten der häufig interessengesteuerten Gutachter der Versicherer.
Hier noch weiter Zeit und Mühen zu investieren und außergerichtlich mit dem Versicherer weiter zu diskutieren, kann man sich häufig sparen. Hier bleibt meistens leider nur die gerichtliche Inanspruchnahme, bei dem wir unsere Mandanten mit großen Erfolg begleiten.