Ist ein Versicherungsmakler zur Überprüfung von Antragsfragen verpflichtet?

Sep 25, 2020 | Urteile, Versicherungsrecht

Im vorliegenden Fall hatte die Kundin ihrem Versicherungsmakler vorgeworfen, er hätte ihre falschen Angaben im Antrag prüfen (und korrigieren) müssen.

Dieser fehlerhaften Rechtsauffassung hat das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 30.03.2020 eine Absage erteilt. Das Gericht stellt klar, dass ein Versicherungsmakler regelmäßig darauf vertrauen darf, dass der Versicherungsnehmer die Fragen in einem Antrag wahrheitsgemäß beantwortet. Eine Prüfpflicht besteht nur, wenn der Versicherungsmakler Anlass dazu hat, an der wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen zu zweifeln.

Der Sachverhalt  

Der beklagte Versicherungsmakler vermittelte der Klägerin im Jahr 2010 eine Berufsunfähigkeitsversicherung beim Versicherer A. Im Jahr 2013 vermittelte er eine weitere Dienstunfähigkeits- und Berufsunfähigkeitsversicherung beim Versicherer B. Im Antrag hat der Versicherer B nach bestehenden Berufs- oder Dienstunfähigkeitsversicherungen gefragt. Die Frage ist verneint worden.

Im Jahr 2016 wurde sie dienstunfähig erkrankt. Im Jahr 2018 kündigte der Versicherer B den Versicherungsvertrag. Er berief sich auf die falsche Berantwortung der Antragsfrage zu bestehenden Versicherungen.

Mit der Klage warf die Klägerin dem Beklagten vor, er hätte das von ihr ausgefüllte Antragsformular auf seine Richtigkeit hin überprüfen müssen. Sie sei sich nicht sicher, ob sie das „nein“ selbst angekreuzt hätte.

Ferner behauptete sie, dass sie den Beklagten ausdrücklich mit der Prüfung der richtigen Beantwortung der Frage zu bestehenden Versicherungen beauftragt habe.

Die Entscheidung 

Mit Urteil vom 30.03.2020 hat das Landgericht Stuttgart die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer darauf abgestellt, dass eine allgemeine Pflicht eines Versicherungsmaklers zur nochmaligen Durchsicht und Prüfung eines vom Kunden ausgefüllten Versicherungsantrags nicht besteht. Eine solche Pflicht ergebe sich auch nicht aus der allgemeinen Risikoprüfungspflicht des Versicherungsmaklers. Im Hinblick auf die Beantwortung der Gesundheitsfragen dürfe ein Versicherungsmakler regelmäßig darauf vertrauen, dass der Versicherungsnehmer diese wahrheitsgemäß beantwortet habe, wenn der Versicherungsnehmer darauf hingewiesen worden sei, dass diese vollständig wahrheitsgemäß zu beantworten seien. Bei der Beantwortung der übrigen Antragsfragen in einem Versicherungsantrag gelte nichts Anderes. Auch befinde sich Hinweis auf das Erfordernis einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Beantwortung bereits auf dem Versicherungsantrag. 

Für die Behauptung, sie hätte den Beklagten mit der Prüfung gesondert beauftragt, sei die Klägerin beweisbelastet. Ihr sei es vorliegend nicht gelungen, den diesbezüglichen Beweis zu führen.

Eine Prüfpflicht des Beklagten ergebe sich insbesondere auch nicht daraus, dass der Beklagte der Klägerin den Abschluss der Vorversicherung bei der A-Versicherung vermittelt hätte. Dies, da es aus der Sicht des Beklagten keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür gab, dass die Klägerin die Vorversicherung nicht ordnungsgemäß angegeben hätte. Die Vermittlung eines früheren Versicherungsverhältnisses begründe keine Verpflichtung des Versicherungsmaklers, im Rahmen einer späteren Vermittlung den Versicherungsantrag im Hinblick auf eine zutreffende Angabe der Vorversicherung gesondert zu prüfen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend –  keine ernsthaften Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ausfüllung des Antrags vorlägen.

Das LG Stuttgart hat somit die Entscheidung des OLG Braunschweig vom 28.12.2018 (Az.: 11 U 94/18) bestätigt, dass einen Versicherungsmakler keine Pflicht dahingehend trifft, die Beantwortung der Fragen in einem Versicherungsantrag durch den Versicherungsnehmer zu kontrollieren. Dies jedenfalls, solange er keine ernsthaften Anhaltspunkte dafür habe, dass Unsicherheit oder ähnliches beim Versicherungsnehmer vorliegen.

Zu Recht hat das Gericht auch festgestellt, dass, wenn ein Versicherungsnehmer im Rahmen eines Prozesses gegen seinen Versicherungsmakler sodann behauptet, er hätte den Makler ausdrücklich mit einer Prüfung von einzelnen Antragsfragen beauftragt, er für einen solchen – über die gewöhnlichen Maklerpflichten hinausgehenden – Auftrag beweisbelastet ist.

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