Bei einer Kündigung ist unter anderem zu klären, wieviel Urlaub dem ausscheidenden Mitarbeiter zusteht. Der Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2. Halbjahr beläuft sich grundsätzlich auf mindestens 20 Tage.
1. Welchen Urlaubsanspruch haben Mitarbeiter?
Das Bundesurlaubsgesetz gibt den jährlichen Mindesturlaub vor, der durch den Arbeitgeber nicht unterschritten werden darf.
Dieser beläuft sich nach dem Wortlaut des Gesetzes auf 24 Arbeitstage, denen allerdings die Annahme einer 6-Tage-Woche zugrunde liegt. Da die meisten Arbeitnehmer heute im Rahmen einer 5-Tage-Woche tätig werden, beträgt der gesetzliche Mindesturlaub in der Regel 20 Tage.
Dem Arbeitgeber steht es frei, seinen Mitarbeitern über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zusätzliche Arbeitstage zu gewähren. Vereinbarungen darüber können im Rahmen von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen oder individuell im Arbeitsvertrag getroffen werden.
Der Anspruch auf den vollen Jahresurlaub entsteht erstmals nach einer sechsmonatigen Unternehmenszugehörigkeit. Während der Probezeit besteht daher grundsätzlich nur ein anteiliger Urlaubsanspruch.
2. Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der ersten Jahreshälfte
Wird das Arbeitsverhältnis in der ersten Hälfte des Kalenderjahres (bis einschließlich 30.06.) beendet, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis in dem Jahr noch besteht.
Beispiel 1: Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers mit einer 5-Tage-Woche endet zum 30.06. Er war schon zum 01.01. des Jahres bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Somit arbeitet er noch volle 6 Monate und der gesetzliche Anspruch beträgt: 6 Monate / 12 Monate * 20 Urlaubstage = 10 Urlaubstage.
Beispiel 2: Das Arbeitsverhältnis endet schon zum 31.05. Auch dieser Arbeitnehmer war bereits zum 01.01. bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Er war somit noch volle 5 Monate des Jahres angestellt. Diesmal hat der Arbeitnehmer allerdings einen im Arbeitsvertrag vereinbarten jährlichen Urlaubsanspruch von 28 Tagen. Der Anspruch wird hier wie folgt berechnet: 5 Monate / 12 Monate * 28 Urlaubstage = 11,67 = 12 Urlaubstage.
Entstehen bei der Berechnung von Urlaubstagen Bruchteile, die mindestens einen halben Tag ergeben, wird zugunsten des Arbeitnehmers auf ganze Urlaubstage aufgerundet.
3. Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2. Halbjahr – mindestens 20 Arbeitstage
Der Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2. Halbjahr bezieht sich dagegen auf den gesetzlichen Mindesturlaub.
Mitarbeiter, die ab dem 01. Juli aus dem Unternehmen ausscheiden, haben grundsätzlich Anspruch auf den vollen Mindesturlaub, in der Regel also auf 20 Urlaubstage.
Eine anteilige Gewährung dieser Urlaubsanteile durch den Arbeitgeber wurde durch den Gesetzgeber ausgeschlossen. Anders sieht es mit zusätzlichen Urlaubstagen aus. Hier kommt es darauf an, welche Regelungen im Arbeitsvertrag getroffen wurden.
4. Was ist die Rata-temporis-Klausel?
Die sogenannte Rata-temporis-Klausel in Arbeitsverträgen besagt, dass der Arbeitgeber bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte das Recht besitzt, über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Urlaubstage zu zwölfteln und somit nur anteilig zu gewähren.
Sie sollte so formuliert werden, dass daraus ausdrücklich hervorgeht, dass der Anspruch auf den vollen Mindesturlaub davon nicht berührt wird.
Wenn ein Arbeitsvertrag keine Rata-temporis-Klausel enthält, steht dem ausscheidenden Mitarbeiter dagegen der volle arbeitsvertraglich vereinbarte Jahresurlaub zu.
Ein Beispiel:
Ein Mitarbeiter hat einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen, das Unternehmen verlässt er am 30. September. Bei einem Arbeitsvertrag mit Rata-temporis-Klausel hat er einen Urlaubsanspruch von 22,5 Arbeitstagen, de facto jedoch von 23 Arbeitstagen, da halbe Urlaubstage aufzurunden sind. Dies wird wie folgt berechnet: 9 Monate / 12 Monate * 30 Urlaubstage = 22,5 = 23 Urlaubstage.
Wenn sein Arbeitsvertrag keine Rata-Temporis-Klausel enthalten würde, beliefe sich sein Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2. Halbjahr dagegen auf 30 Urlaubstage.
5. Klärung des Urlaubsanspruchs – oft erst mit anwaltlicher Hilfe
In der Praxis kommt es zwischen Unternehmen und Mitarbeitern oft zu Unstimmigkeiten im Hinblick auf den Urlaubsanspruch.
Eine Rolle spielt hierfür unter anderem, dass die Vereinbarungen hierzu zum Zeitpunkt der Erstellung des Arbeitsvertrags getroffen wurden.
In unserer Kanzlei beraten und vertreten wir Unternehmen und Arbeitnehmer in allen arbeitsrechtlichen Fragen. Natürlich stehen wir beiden Seiten auch bei der Klärung von Urlaubsansprüchen zur Seite.
Im Übrigen empfehlen wir, auch für die Erstellung von Arbeitsverträgen einen Anwalt hinzuzuziehen.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können hierdurch sicher sein, dass sie einen vollständigen und juristisch korrekten Vertrag miteinander schließen. Spätere arbeitsrechtliche Streitigkeiten werden hierdurch weitgehend ausgeschlossen.